Die EWD Elektrizitätswerk Davos AG (EWD AG) ist für die Stromversorgung der Gemeinde Davos zuständig. Im Rahmen ihrer Unternehmensstrategie betreibt die EWD AG verschiedene Wärmeverbünde und einzelne Wärmeanlagen im Contracting. Ziel ist die klimafreundliche Wärmeerzeugung. Im Jahr 2016 baute das Unternehmen den ersten Wärmeverbund in Davos auf, der nun Schritt für Schritt erweitert wird.
Die EWD AG nutzt dabei artesisch gespanntes Grundwasser, das in 452 Metern Tiefe unter der Erdoberfläche liegt. Das Grundwasser steht unter hydrostatischem Druck, der sich aufbaut, wenn eine wasserleitende Gesteinsschicht (ein Grundwasserleiter) von einer wasserundurchlässigen Gesteinsschicht nach oben abgedichtet wird und die grossräumige geologische Struktur des Grundwasserleiters diesen Druckaufbau zugleich möglich macht (zum Beispiel in einer schüsselförmigen Senke oder zwischen schräg abfallenden Gesteinsschichten). Diese Situation bietet den Vorteil, dass das Grundwasser nicht erst energieaufwändig nach oben gepumpt werden muss. Allerdings erfordern Planung und Realisierung eines solchen Projekts viel Erfahrung.
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Heizzentrale mit den Wärmepumpen
Bild: EWD AG
Das für die Wärmeerzeugung benötigte Grundwasser ist beim Fassen ungefähr 8 °C bis 10 °C warm und wird 50 Meter nebenan von den Wärmepumpen in der bereits bestehenden, aber umgebauten Heizzentrale des Oberstufenschulhauses auf die nutzbare Temperatur gebracht.
Die dem Verbund angeschlossenen Wärmekunden sind sehr heterogen: Neben den zwei Schulhäusern inkl. Dreifachturnhalle werden diverse Mehrfamilienhäuser (Mietwohnungen oder Stockwerkeigentümerschaften) mit erneuerbarer Wärme beliefert. Ebenso gehören Hotels und der Neubau der Graubündner Kantonalbank zu den Wärmebezügern.
Drei Fragen an Stefan Müller, Geschäftsbereichsleiter Produktion & Contracting bei EWD AG
1. Herr Müller, wenn ich an Davos denke, kommt mir beim Heizen das Grundwasser nicht als erstes in den Sinn. Warum wählte die EWD AG gerade diese Energiequelle?
Müller: Die Geothermie ist eine praktisch unerschöpfliche Energiequelle. Um sie zu nutzen, gehen Gemeinden unterschiedliche Wege, je nach den geologischen Verhältnissen und kommunalen Erfordernissen. In Davos ist ein Grundwasser-Vorkommen in mittlerer Tiefe entdeckt worden. Das Bohrloch führt hinunter in den Aroser Dolomit, eine Schicht aus Kalkgestein, die Wasser speichert. Das Wasser ist artesisch gespannt, d. h. es schiesst grösstenteils ohne Zutun an die Erdoberfläche. Zudem ist die politische Unterstützung vorhanden: Schon im 2009 befürwortete die fünfköpfige Exekutive (Kleiner Landrat) die Nutzung der Geothermie in einem Grundsatzentscheid.
2. Die EWD AG hat auch eine Contracting-Abteilung und finanziert verschiedenste Energieprojekte. Wie schaffen Sie es, geeignete Wärmeabnehmer zu finden respektive diese zu überzeugen, von fossilen auf erneuerbare Energien umzusteigen?
Müller: Das ist nicht immer ganz einfach. Aber im Vergleich zu den ersten Anlagen im Jahr 2000 können wir heute auf die politische und mediale Unterstützung im Rahmen der Energiestrategie zählen. Durch die laufende Verschärfung der MuKEn (Mustervorschriften der Kantone) und die Sensibilisierung der Liegenschaftseigentümer ist die Überzeugungsarbeit leichter geworden. Gestern wie auch heute ist jedoch der Preis für die Wärmelieferung ausschlaggebend. Beim Bau solcher Anlagen werden laufend Verbesserungsmassnahmen und Einsparmöglichkeiten eruiert. Damit soll das Kostenoptimum bei der Erzeugung und Verteilung erreicht werden. So können wir potenziellen Wärmekunden einen zu fossilen Energieträgern konkurrenzfähigen Preis bieten.
3. Ein Energieversorgungsunternehmen der höchstgelegenen Stadt Europas steht sicherlich vor einigen Herausforderungen beim Bau von Infrastrukturanlagen in dieser Lage?
Müller: Davos liegt auf über 1560 m ü. M. und aufgrund der niedrigen Temperaturen sind die Winter entsprechend lang. Deshalb bleibt dem Tiefbau nur ein kurzer Zeitraum – von April bis Weihnachten. Dazu kommen die sehr starken saisonalen Schwankungen einer Tourismusregion, mit extremen Verbrauchsspitzen im Winter. All diese Bedingungen stellen hohe Anforderungen an die Versorgungsinfrastruktur und den Betrieb der Anlagen.
«Was wir heute tun, entscheidet darüber, wie die Welt morgen aussieht.»
Das Ergebnis: Seit dem Herbst 2020 erfolgt der Betrieb eines bivalenten Nahwärmeverbunds im dicht besiedelten Stadtgebiet von Davos über Grundwasser-Wärmepumpen. Die Wärme wird zentral bei der Wasserquelle erzeugt und über ein warmes Nahwärmenetz zu den Wärmebezügern transportiert. Im Endausbau mit einem Kostendach von CHF 7 Mio. sollen im besten Fall rund 8 Mio. kWh Wärme pro Jahr geliefert werden. Durch das Wärmenetz werden bestehende dezentrale Öl- und Elektroheizungen ersetzt. Bis 2030 dürften im Endausbau 15’000 Tonnen CO₂ eingespart werden. In diesem Fall profitieren die angeschlossenen Wärmekunden anteilsmässig von einem jährlichen Förderbeitrag von CHF 150’000 zugunsten ihrer Heizkostenrechnung (bis 2030).
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Der geplante Wärmeverbund
Bild: EWD AG
Merkmale Wärmeverbund
Wärmeverbund
Davos Platz
Grundwasser-Wärmeverbund
Beteiligte
EWD Elektrizitätswerk Davos AG
Wärmequelle
Wärme aus dem Grundwasser, durch Grosswärmepumpen nutzbar gemacht
Trassenlänge
1 km, warme Nahwärme
Jährlich gelieferte Wärmeenergie
8 Mio. kWh im Vollausbau
Wirkungsbeginn
Herbst 2020
Prognose bis 2030
11’000 Tonnen weniger CO₂-Emissionen
Förderung pro Jahr bis 2030
CHF 110\'000 (im Wärmepreis bereits berücksichtigt)
Finanzierung
Eigenfinanzierung; Finanzhilfen (Stiftung KliK)