"Wenn wir alle Leitungstrassen zusammennehmen, mit denen wir Wärme aus der See-Energie oder der Fernwärme zu unseren Endkunden bringen, kommen wir auf rund 72km Länge", sagt Dominic Jurt von ewl. Wir befinden uns in den Räumlichkeiten der See-Energie-Zentrale in der Nähe des Bahnhofs Luzern einige Meter tief unter der Erdoberfläche. Von hier aus findet seit 2020 die Versorgung mit Wärme und Kälte im Luzerner Zentrum statt. Weil die Nachfrage stetig steigt, sind mehrere weitere Energiezentralen in der Stadt Luzern geplant.

Geeignete Standorte sind mittlerweile identifiziert, wie die Stadt Luzern und ewl Anfang Jahr mitgeteilt haben. "Für alle geplanten Erweiterungen des See-Energie-Netzes beantragen wir ebenfalls Fördergelder der Stiftung KliK", sagt Dominic Jurt. Er ist bei ewl unter anderem für die Abwicklung von Fördermassnahmen zuständig. Nach dem Endausbau soll die Leistung des Wärmeverbunds Luzern Zentrum mit See-Energie insgesamt 38MW für Wärme und 16MW für Kälte betragen.

Nachhaltige Wärme aus der Tiefe des Vierwaldstättersees

Die unterirdische Anlage beim Inseliquai beeindruckt durch ihre schieren Dimensionen. Alles hier ist gross: die Räume, die Leitungen, durch die das Seewasser aus dem See in die Zentrale, zu den angeschlossenen Gebäuden und wieder zurück in den See fliesst, die Wärmepumpen und die Kabel für deren Stromversorgung. Die Technik, die hier verbaut ist, bringt den Laien zum Staunen. Und sie bringt vielen Kunden um das Seebecken nachhaltige Wärme beziehungsweise Kälte. Wie das funktioniert, erklärt Benedikt Blattmann, verantwortlich für die Betriebsführung bei ewl: "Wir entnehmen dem See in etwa zwei Kilometer Entfernung und in rund 30m Tiefe Wasser. Dessen Temperatur liegt stets zwischen sechs und neun Grad. Hier in der Zentrale wird dieses Wasser durch Filter gereinigt und von den Wärmepumpen auf rund 65 Grad aufgewärmt. Dessen Wärme gelangt danach über ein Leitungsnetz zu den Kunden wie zum Beispiel das KKL." Auch für Klima- und Kühlanlagen kann Kälte ab dem See-Energie-Netz Luzern Zentrum bezogen werden.

Seit der Sanierung speist die See-Energie-Zentrale Inseliquai zusätzlich ein Anergienetz. Dieses versorgt die angeschlossenen Quartier- oder Gebäudezentralen, wo es nochmals mittels Wärmepumpen auf die angestrebte Endtemperatur erwärmt und schliesslich zu den Nutzern gebracht wird.

Als umweltfreundliche Energiequellen für die Wärmepumpen dienen die Energie aus dem See und die Abwärme des ewl-eigenen Rechenzentrums. Für sehr kalte Wintertage stehen zur Abdeckung der Spitzenlast Gaskessel bereit. Diese kommen jedoch fast nie zum Einsatz, wie Dominic Jurt und Benedikt Blattmann erklären.

Fernwärme als Rückgrat der Energiewende

Das zweite Projekt, das wir an diesem sonnigen Frühlingstag in Luzern besuchen, ist die Fernwärme Emmen Luzern Rontal, genauer gesagt eine zugehörige Zentrale, die Unterstation Meierhöfli. Dazu steigen wir wiederum in den Untergrund hinab – diesmal unter vielen neugierigen Blicken aus Kinderaugen über eine Treppe am Rande des Pausenplatzes einer Quartierschule. Auch diese Anlage wird durch die Stiftung KliK gefördert. Unten angekommen fällt als erstes die Grösse des Raums auf, oder besser, der viele Platz, der neben den Leitungen, Wärmetauschern und Wärmepumpen noch vorhanden ist.

Im Gegensatz zur See-Energie-Zentrale Inseliquai, in der der Platz in zahlreichen Räumen eher knapp war, ist diese Fernwärme-Anlage geradezu übersichtlich. "Das liegt daran, dass wir hier nur eine Art Umverteilung der Abwärme durchführen, die in der KVA Renergia in 10 Kilometern Distanz entsteht", erklärt Benedikt Blattmann. Er zeigt auf die erste, grösste Leitung am Anfang des Raums. "Hier kommt das warme Wasser von der KVA rein, und dort vorne" – er führt uns zu der Station mit den Wärmetauschern – "wird es über ein verästeltes Leitungsnetz an die Endkunden weitergepumpt." In dieser Zentrale wird also kein Warmwasser produziert, sondern nur verteilt, was viel weniger Aufwand und deutlich weniger Technik und Geräte vor Ort bedeutet.

ewl und erneuerbare Energien

Um den wachsenden Wärmebedarf der Luzerner Bevölkerung zu decken, setzt ewl energie wasser luzern auch in Zukunft ganz auf Nachhaltigkeit. 2024 investierte das Unternehmen insgesamt 27,8 Millionen Franken in den Ausbau der Netze sowie Anlagen für See-Energie und Fernwärme. Der Wärme-Absatz stieg um 18,4 Prozent auf 171,4 Gigawattstunden, wobei der Anteil erneuerbarer Wärme bei über 91 Prozent lag.
(Quelle: ewl-luzern.ch)

Abwärme aus der Stahlproduktion

Eine weitere Besonderheit dieses Fernwärme-Projekts ist die Tatsache, dass es nebst der KVA-Abwärme auch noch industrielle Abwärme des Stahlwerks Steeltec nutzt, beziehungsweise weiterverteilt. Dies geschieht am dritten und letzten Ort, den wir heute besuchen, in einer ebenfalls beachtlich grossen Verteilzentrale von ewl direkt neben dem Stahlwerk. Beim Raum der Wärmezentrale Emmen Luzern, den wir nun betreten, handelt es sich um einen Neubau, der für den Ausbau des bestehenden Fernwärmenetzes und für die zusätzliche Nutzung der Industrieabwärme erstellt wurde.

Das Gebäude punktet zusätzlich mit einer PV-Anlage auf dem Flachdach. "Diese Zentrale ist eine Art Relais-Station", erklärt Benedikt Blattmann. "Zum einen verteilen wir hier das Warmwasser aus der KVA Renergia an weitere angeschlossene Kunden im hiesigen Gebiet, zum anderen die industrielle Abwärme des Stahlwerks." Dominic Jurt ergänzt: "Im Sommer reicht heute die Abwärme von Steeltec noch aus, um den Grossteil der Kunden zu versorgen."

Das Projekt Fernwärme Emmen Luzern Rontal liefert im Endausbau zirka 100MW Wärmeleistung an rund 1250 Gebäude. Pro Jahr können damit rund 41‘300 Tonnen CO₂ eingespart werden – und die Nachfrage nach weiteren Anschlüssen an nachhaltige Fernwärme steigt nach wie vor. Diese eindrücklichen Angaben runden unseren Besuch in Luzern ab, anlässlich dessen wir viele spannende Eindrücke in Aufbau und Funktionsweisen von Fernwärmenetzen erhalten haben.